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  Musiker-Board 17.01.2008
  Musicians World 17.01.2008
  Guitarworld.de 17.01.2008


Die Ibanez Performer-Serie

Jeder Hersteller von Elektrogitarren, der etwas auf sich hält, hat sie im Programm: Einen Klon der Gibson "Les Paul". Der japanische Hersteller Ibanez (der ja eigentlich nur ein Handelsname ist), macht diesbezüglich keine Ausnahme. Schon in den 70er Jahren waren entsprechende Modelle im Angebot, die dem Original täuschend echt nachempfunden waren. Das rief natürlich Gibson auf den Plan und es kam zu einer rechtlichen Auseinandersetzung. Danach waren alle japanischen Hersteller von Kopien bemüht, ihre Modelle immer ein wenig zu verändern. Darüber hinaus begann man damit, aus den amerikanischen Vorbildern eigenständige Modelle zu entwickeln. Zu diesen gehört bei Ibanez die Artist-, die Concert- sowie die Musician-Serie.


1. Von der Paula zum Performer

Bis 1977 gab es bei Ibanez eine ganze Reihe von Kopien der "Les Paul" in unterschiedlichen Ausstattungen. Diese waren zum Beispiel die Modelle 2350, 2351, 2380, 2386, 2393, 2650, 2651 und 2420. Häufig hatte diese Instrumente jedoch noch den sogenannten "Open Book" Headstock und konnten aufgrund des "Lawsuit" in den USA nicht mehr verkauft werden.

Ruft man sich in Erinnerung, daß Gibson die Klage gegen Elger/Ibanez am 28.06.1977 offiziell eingereicht hat und die Abwicklung derselben bis zum geschlossenen Vergleich mit Sicherheit mehrere Wochen in Anspruch nahm, so muß man in Japan bei "Hoshino Gakki Ten" die Probleme vorhergesehen und schon deutlich früher mit der Entwicklung der "Performer" begonnen haben. Tatsächlich finden sich verschiedene "alte" Modelle, die aber schon mit einigen Features der "Performer" aufwarten können. Es gibt also eine Art Übergangszeit, in der man wohl bemüht war, die im Lager befindlichem Materialien der "alten" Modelle zu verbrauchen.

Von der Bedeutung her muß man die "Performer" und ihre unmittelbaren Vorgänger aus heutiger Sicht als Platzhalter einstufen. Die notwendigen Änderungen am Kopf und Korpus waren nicht besonders groß, sodas man die vorhandenen Materialien und Produktionsmittel weiter nutzen konnte. Die erforderlichen Umstellungen in der Produktion konnten also ohne großen Aufwand gemacht werden. Auf diese Weise hatte Ibanez schnell eine neue Paula-Kopie im Programm, gegen die Gibson nichts mehr einwenden konnte. Mit ihrer Hilfe wurde die Zeit bis zum Erscheinen der ersten eigenständigen Modelle, Musician und Studio, überbrückt.


2. Die Performer im Laufe der Zeit

Im Vergleich zum Vorbild, der "Les Paul", hatte Ibanez bei der "Performer" die Form von Kopf und Korpus einer Veränderung unterworfen. So besaß der Korpus an der Rückseite eine Ausfräsung wie bei der "Stratocaster", die den Tragekomfort erhöhen sollte und die Form des Kopfes orientierte sich jetzt mehr an den Instrumenten von Guild. Man konnte daher nicht mehr von einer Kopie sondern allenfalls von einem ähnlichen Nachbau sprechen. Damit gab es in den USA keine rechtlichen Probleme beim Vertrieb der Serie. Ein besonders langes Leben war ihr allerdings nicht beschieden. Der Produktionszeitraum reicht lediglich von 1978 bis 1982. Ähnlich wie bei der Musician-Serie, kann man auch den Produktionszyklus der Performer-Serie in verschiedene Epochen unterteilen:

Epoche 1: 1977-1978

Die "Performer" startete 1977 mit den Modellen PF-100, PF-200, PF-230, PF-300, und PF-400. Im Katalog von 1978 versprach man "die am meisten nachgefragten Features in der unverwechselbaren originalen Form zu einem günstigen Preis" anzubieten. Im Zusammenhang mit den vorgenommenen Änderungen an Kopf und Korpus war der Begriff "originale Form" allerdings etwas gewagt. Die "Korpusnase" am oberen Horn ließ die "Performer" in den Augen vieler Paula-Fans ein wenig plump erscheinen und der neue Kopf wirkte sehr "mächtig". Aria konnte da mit der Prototype-Serie ein wesentlich eleganteres Design anbieten.

Bild 1: Die Performer 1978

Die Serie begann mit der PF-100. Aufbauend auf einem massiven Mahagoniblock besaß die PF-100 ein Decke aus Birke, eine Materialkombination, die auch schon in den alten Paula-Kopien und anderen Instrumenten von Ibanez zu finden war. Der gesamte Korpus war mit einem einfachen Binding eingefaßt; die Hardware verchromt. Der geschraubte, mehrteilige Hals bestand aus Ahorn mit einem Palisandergriffbrett mit Dot-Inlays, welches allerdings auf Ebenholz getrimmt wurde. Als Tonabnehmer kamen zwei "Super 70 Humbucker" zum Einsatz. Zur elektrischen Schaltung muß man nicht viel sagen: Paula ist eben Paula.

Diese Spezifikation offenbart die PF-100 als das, was sie tatsächlich ist: Ein günstiger Einstieg in das Thema "Les Paul"! Aufgrund der verwendeten Materialien ist ein echter Vergleich zum Original allerdings nicht gut möglich.

Die PF-200 war dem Vorbild dann schon etwas näher und ein wenig luxuriöser in der Ausstattung: Hier gabe es eine Ahorndecke, ein siebenfaches schwarzweißes Binding, ein Griffbrett mit Block-Inlays und vergoldete Hardware. Damit sind die Unterschiede auch schon aufgezählt. Die PF-200 ist also lediglich eine PF-100 für den Anfänger mit etwas größerem Geldbeutel!

Eine Besonderheit war die PF-230. Wie die "Les Paul Custom" verfügte sie über drei Humbucker. Die Spezifikation liest sich im Katalog wie folgt:

Zitat:
Body: Flamed maple top on mahagony body with 7-layer black and white binding

und entspricht damit exakt der Spezifikation der PF-200. Also eine mehrschichtige Verbindung aus Ahorn und Mahagoni. Genau das, was man ja auch von einer "Les Paul" erwartet.

Bei Ebay wurde 2007 eine PF-230 angeboten, die meine Aufmerksamkeit erregte, weil ein Foto des E-Faches dabei war. Leider war es nicht besonders groß. Folglich wurde der Anbieter angeschrieben und größeres Bild angefordert:

Das E-Fach einer PF-230

Bild 2: Das E-Fach einer PF-230

Man erkennt:

  1. Der eigentliche Korpus besteht aus einer zweischichtigen Holzverbindung (Pfeil Rechts).
     
  2. Die Decke besteht nicht aus einem massiven Stück Holz, welches vollflächig mit dem Back verleimt wurde. Es ist ein deutlicher Spalt zu erkennen (Pfeil Mitte).
     
  3. Um eine Wölbung der Decke zu realisieren wurde in der Mitte ein zusätzliches Stück Holz "zwischengefüttert" (Pfeil links).

Hier hat Ibanez eindeutig einen Rückfall in die dunkle Vergangenheit erlitten, denn eine solche Konstruktion kannte man in den 70er Jahren nur von den billigen Kopien der "Les Paul". Mit diesem Bild erhält die Aussage: "Flamed maple top on mahagony body" natürlich eine ganz andere Bedeutung.

Nach den Spezifikationen der anderen PFs ist die PF-230 vermutlich nicht das einzige Modell, welches mit diesem "Feature" aufwartet. Jetzt stellen sich zwei Fragen:

  1. "Warum hat Ibanez das gemacht?" und
     
  2. "Wirkt sich die Konstruktion auf den Klang aus?"

Über das warum kann man natürlich nur spekulieren. Fakt ist, daß sich eine solche Konstruktion billiger herstellen läßt. Vielleicht wollte man auf diese Weise den Aufpreis für den dritten Tonabnehmer kompensieren?

Vergleicht man diese Konstruktion mit der einer "richtigen" "Les Paul", so muß sich zwingen ein klanglicher Unterschied ergeben, denn

  1. Die Verbindung der Brücke zum eigentlichen Korpus ist nicht so fest.
     
  2. Die Masse der Ahorndecke ist wesentlich geringer.
     
  3. Durch den Hohlraum kann man schon fast von einer Semi-Konstruktion sprechen. Eine solche Gitarre sollte, im Vergleich zu einer massiven Konstruktion, anfälliger für Feedbacks sein.

Darüber, ob das ganze aus klanglicher Sicht nun besser oder schlechter ist, kann man sicherlich streiten. Wer sich bei diesen Modellen jedoch eine Paula vorstellt, der wird etwas enttäuscht sein. Gleichwohl konnte die PF-230 aus dem Jahre 1978 bei Ebay für 413 Euro verkauft werden.

Weitere Recherchen haben ergeben, daß dieser Aufbau bis einschließlich der PF-300 verwendet wurde. Erst bei der PF-400 und später bei der PF-350 und PF-360 gab es dann eine massive Ahorndecke. Diese Erkenntnis deckt sich auch mit einer Aussage in der Beschreibung der PF-400 aus der deutschen Preisliste vom August 1978. Dort liest man:

Zitat:
Eingeleimter Hals - Trisound-Schalter, Antique Violin, solider Korpus

Statt die hohle Korpuskonstruktion der anderen "Performer" zu erwähnen, die in den Augen vieler Musiker als minderwertig galt, stellte man den massiven Korpus der PF-400 als Vorteil und Verbesserung hin. Tja, Marketing und Werbung machen es möglich und die meisten Gitarristen glauben auch heute noch gerne, was sie in den Prospekten lesen können.

In der PF-300 wurden erstmalig einige bemerkenswerte Veränderungen implementiert: Sie besaß einen eingeleimten Hals und der Hals-Tonabnehmer verfügte über einen sogenannten "Tri-Sound-Switch", der laut Katalog eine Reihenschaltung (Humbucking), Einzelpulbetrieb (Single-Coil) und eine inverse Reihenschaltung (Reverse Phased) ermöglichte. Alles weitere war wie bei der PF-200. Also auch die "hohle" Bauform des Korpus.

Mit dem Spitzenmodell der Serie, der PF-400, gab es nun endlich Paula pur. Sie bestand aus einem massiven Mahagoni Korpus mit einer ebenfalls massiven zweigeteilten und gewölbten Decke aus Ahorn. Diese war sogar "bookmatched". Zumindest bei der Decke wurden also nur ausgesuchte Hölzer verwendet. Da durfte ein Ebenholzgriffbrett natürlich nicht fehlen!

Wenn man die Spezifikationen der "Performer" mit denen der anderen Serien aus dem Jahre 1978 vergleicht, so entsteht der Verdacht, daß Ibanez hier versucht hat, einen sauberen Spagat zu realisieren: Auf der einen Seite stand der Bedarf ein günstiges Instrument im Stile der "Les Paul" anzubieten. Auf der anderen Seite wollte man der eigenen Weiterentwicklung, den Modellen der Artist-Reihe, nicht einen hochwertigen Konkurrenten im eigenen Hause erwachsen lassen. Daß lediglich die PF-400 bezüglich der Konstruktion und der Holzauswahl mit dem Niveau der Artist-Serie zu vergleichen ist, spricht hier eine deutliche Sprache! Einen weiteren Hinweis auf diese Vermutung liefert ein Blick in die deutsche Preisliste von 1978:

Modell/Finish BK CW CS WH ZB MO AV AM NT
PF-100 739 DM 785 DM              
PF-200 798 DM   798 DM 845 DM 888 DM        
PF-230           888 DM      
PF-300 995 DM           1060 DM 1060 DM 1060 DM
PF-400             1280 DM    

Tabelle 1: Die Preise der Performer-Serie gemäß deutscher Preisliste von 1978

Zum Vergleich: Für die preiswerteste "Artist" mit den Konstruktionsmerkmalen einer "Les Paul", das Modell 2619, mußte man bereits 1280 DM bezahlen. Bei der "Musician" begann das "Vergnügen" schon etwas früher: Hier waren 995 DM für eine MC-200 zu veranschlagen.

Epoche 2: 1979-1981

1979 ging es vielen Modellen der "Performer" "an den Kragen" und es fand, wie bei der "Musician", eine Modellbereinigung statt. Übrig blieb lediglich eine PF-150 und eine PF-350, die darüber hinaus nur noch in Europa vertrieben wurden.

Die neue PF-150 hatte eigentlich nichts Neues zu bieten, wenn man vom Namen und der Verwendung von V-2-Pickups einmal absieht. Wie schon bei der PF-100 wurde eine Hohlkonstruktion mit Birkendecke verwendet. Damit zielte auch die PF-150 auf das untere Preissegment. Die PF-350 entspricht in ihrer Spezifikation der PF-400. Auch hier gibt es also nichts wirklich Neues zu berichten. Damit wurde das gesamte Mittelfeld der "Performer" ersatzlos gestrichen.

Bild 3: Die Performer-Serie 1981

Über den Grund, warum man sich zwei Jahre nach dem Start der Produktion zu einem so schweren Einschnitt entschlossen hatte, kann man nur Vermutungen anstellen. In der Modellpalette hatte es von 1978 bis 1979 keine wirklich drastischen Veränderungen gegeben. Diesbezüglich scheint also kein Grund vorzuliegen, warum die "Performer" nicht mehr dazu passen sollte. Damit bleibt nur noch ein wirklicher Grund übrig: Offensichtlich stand der Produktion der "Performer" keine ausreichende Nachfrage am Markt gegenüber. Die Instrumente in diesem Zusammenhang als "Ladenhüter" zu bezeichnen, ist vielleicht etwas gewagt, erscheint aber aufgrund der für eine Paula ungewöhnlichen Form und der Reaktion von Ibanez nicht ganz unwahrscheinlich zu sein.

Wer weiß, wie große Industriebetriebe geführt werden, der kennt auch die Konsequenz aus einer solchen Situation: Das betreffende Produkt wird schnellstens eingestellt. Damit ergibt sich eine schlankere Produktion und die Kosten können gesenkt werden. Das ganze fällt dann unter den Begriff "Rationalisierung" und darin waren die Japaner damals Weltmeister!

Die vollständige Einstellung der Serie in den USA mag noch einen anderen Grund gehabt haben. Vielleicht wollte man weiteren Auseinandersetzungen mit Gibson vorsorglich aus dem Weg gehen. Der erst vor wenigen Jahren ausgetragene Prozess zwischen PRS und Gibson bezüglich der Single-Cuts zeigt, daß derartige Befürchtungen - auch heute - keinesfalls von der Hand zu weisen sind.

Epoche 3: 1982

Die 1979 mit der großen Modellbereinigung eingeleiteten Maßnahmen scheinen jedoch nicht ausreichend gewesen zu sein, denn die Produktion der "Performer" wurde vermutlich 1981 komplett eingestellt. Dazu gibt es zwei Hinweise: Zum einen existieren aus 1981 zwei Kataloge und nur in einem wird die "Performer" noch erwähnt. Zum anderen gibt es einen deutschen Prospekt für die Performer-Serie aus dem Jahre 1982 in dem man lesen kann:

Zitat:
Die Performer ist ein Ibanez Modell, das nach einiger Zeit nun noch einmal in einer limitierten Auflage hergestellt wird.

Vermutlich hatte Ibanez noch Restbestände aus der Produktion der PF-400 und PF-350 auf Lager, die man auf diesem Wege am Markt absetzen wollte. Konsequenterweise gab es dann wieder zwei Modelle von denen insgesamt 340 Stück produziert wurden: Die PF-160 und die PF-360. In beiden Modellen verwendete man jetzt die neuen Super 58 Humbucker, die ebenfalls in den Musicians der Epoche 4 eingesetzt wurden. Entgegen der Spezifikation der "kleinen" PF's, hatte beide Modelle eine massive Ahorndecke und einen eingeleimten Hals aus Ahorn. Der Korpus selber orientierte sich wieder mehr am Original. Die sogenannte "Bierbauchfräsung" der Modelle aus den Epochen 1 und 2 wurde ersatzlos gestrichen.

Die PF-160 basierte auf der PF-150. Sie verfügte also über die konventionelle Paula-Schaltung. Es gab sie in Schwarz, Weiß und Weinrot und ihr Palisandergriffbrett wurde durch Dot-Inlays verziert. Von der PF-160 wurden insgesamt 180 Instrumente produziert, die sich wie folgt aufteilten:

  • Schwarz: 60
  • Weiß: 60
  • Weinrot: 60

Die PF-360 entsprach in ihrer Spezifikation ziemlich genau der PF-350. Lediglich die Schaltung wurde ein etwas verändert. Analog zur MC-150 verschwand der Tri-Sound-Switch der PF-350 und die PF-360 erhielt stattdessen zwei Duo-Sound Tone-Potis, mit deren Hilfe die Humbucker auf Single-Coil-Betrieb umgeschaltet werden konnten.

Um die Wertigkeit dieses Instrumentes auch optisch zu betonen, verwendete Ibanez hier eine geriegelte Ahorndecke und Block-Inlays.

Bild 4: Eine PF-360 aus dem Jahre 1982

Von der PF-360 wurden lediglich 160 Instrumente produziert, die sich wie folgt aufteilten:

  • Yellow Sunburst: 100
  • Antique Sunburst: 60

3. Die große Unbekannte

Neben der PF-150 existiert nachweislich eine "Performer" mit einem Tri-Sound-Switch und geschraubtem Hals, die auf dem Trussrod-Cover als PF-155 bezeichnet wird und die Seriennummer "I790095." trägt. Sie stammt also vom September 1979. Aufgrund des (anscheinend) geringen Unterschiedes, könnte es sich hierbei um eine modifizierte PF-150 handeln.


4. Nachgelegt

Auch wenn die "Performer" mit der PF-160 und der PF-360 1982 endgültig eingestellt wurde, hat Ibanez in den 90er Jahren eine Neuauflage produziert, die allerdings in keinem Katalog auftauchte und vielleicht auch nur in Europa vertrieben wurde.

Man findet in den einschlägigen Sammlerkreisen zumindest Hinweise auf eine "Performer" aus koreanischer Produktion, die laut Seriennummer 1994 bei Samick gebaut worden sein müsste. In Ermangelung von Katalogen ist die Spezifikation dieses Instrumentes allerdings nicht ganz klar.

Bild 5: Eine "Performer" aus koreanischer Produktion aus dem Jahre 1994

Fakt ist, daß diese "Performer" über einen eingeleimten Hals verfügt, was deutlich in Richtung PF-400 zielen würde. Als Tonabnehmer wurden die "Super 70" verwendet. Allerdings fehlt der Tri-Sound-Switch und laut Beschreibung des Verkäufers sind auch keine Duo-Sound Tone-Potis vorhanden. Also ist hier vieleicht doch die PF-160 das Vorbild. Im Bild ist ein nachträglich eingebauter Gibson 500T zu sehen. Dieses Instrument wurde am 18.11.2007 für 351 Euro in Deutschland verkauft.

Wenn man den Diskussionen der Sammler und Experten glauben darf, so wurden diese Reissues nur in Europa und vielleicht sogar nur in Deutschland vertrieben.


5. Der Vergleich mit dem Original

Wer den Versuch macht, einen Nachbau der "Les Paul" zu produzieren, der muß sich immer den Vergleich mit dem Original gefallen lassen. Wie steht die "Performer" also im Vergleich zur Paula da? Betrachten wir zunächst den Korpus:

Bei Gibson besteht eine "Les Paul" in der Regel aus einem massiven Mahagoniblock mit aufgeleimter massiver Ahorndecke. Diese Konstruktion findet man immer bei der Les Paul Standard. Die Custom-Variante von 1957 besaß einen vollständigen Korpus aus Mahagoni.

In diesem Vergleich schneidet die PF-100 und die PF-150 sofort aus, denn eine Birkendecke ist mehr als ungewöhnlich und wohl nur aus Preisgründen auf das Instrument gekommen.

Die PF-200 und PF-300 haben zwar eine Ahorndecke, die jedoch nicht massiv ist. Vermutlich wird sie zum Klang nicht besonders viel beitragen. Wenn man großzügig ist, könnte man hier dem Vergleich zur Les Paul Custom zustimmen, auch wenn die Masse des Mahagoni bei der "Performer" deutlich geringer ausfallen dürfte.

Der eingeleimte Hals einer "Les Paul" besteht grundsätzlich aus Mahagoni. Hier findet sich bei allen Performern ein deutlicher Unterschied: Ibanez verwendet für alle Modelle dieser Serie einen Ahornhals, der lediglich in der PF-350, PF-360 und PF-400 eingeleimt wurde. Da nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, der Hals einer Elektrogitarre einen wesentlich größeren Einfluß auf den Klang nimmt als der Korpus, finden wir hier einen deutlichen Unterschied!

Abseits der verwendeten Tonabnehmer und der leicht unterschiedlichen Form kann man die Performer-Serie in erster Linie als Instrumente bezeichnen, die in der Form einer "Gibson Les Paul" nachempfunden wurde. Einem vollständigen Vergleich mit dem Original hält also kein Modell der Serie wirklich stand!


6. Die Performer heute

Wie bei vielen anderen Ibanez-Modellen aus den frühen 80er Jahren, muß man heute auch für eine "Performer" etwas tiefer in die Tasche greifen. Verglichen mit einer "Artist" oder "Musician" aus dieser Zeit sind die "Performer" vergleichsweise selten. Wenn ein solches Instrument angeboten wird, so handelt es sich häufig um eine PF-200. Wem der Sinn gar nach einer PF-300 oder PF-400 steht, der braucht zwei Dinge: Geduld und eine gut gefüllte Brieftasche.

Preislich muß man sich hier auf einen Rahmen von 400 bis 1000 Euro gefaßt machen, der wohl hauptsächlich durch den Sammlerwert begründet ist. Zur Zeit (16.01.2008) wird bei Ebay eine PF-400 angeboten, für die mindestens 999 Euro gefordert werden. Berechnet man inflationsbereinigt den heutigen Neupreis für eine PF-400AV, so kommt man auf einen Betrag von 1795 Euro. In gutem Zustand scheint ein Gebrauchtpreis von 900 Euro also nicht ungerechtfertigt.

Der PF-100 sowie der PF-155 wird, vermutlich aufgrund ihrer Konstruktion, allgemein kein großes Interesse entgegengebracht. Sie sind also wirklich nur für Sammler interessant. Auf dem internationalen Markt kann man hier maximal mit einem Preis von 300$ rechnen.


Fazit

Auch wenn die Performer-Serie schon am Anfang des Jahres 1977 vorgestellt wurde, ist sie ein "Kind" des Rechtsstreites zwischen Gibson und Elger/Hoshino. Durch die Konstruktion und Materialauswahl der meisten Modelle stand sie jedoch noch mitten in den 70er Jahren. Damit konnte sie mit den neuen Serien, der "Artist" und der "Musician", nicht wirklich Schritt halten. Das und ihre etwas ungewöhnlich Form mag der Grund für eine mangelnde Akzeptanz am Markt gewesen sein, die wohl letztendlich zu einer relativ schnellen Einstellung der Serie führte.

Ganz so "schlecht" scheinen zumindest die "Performer" ab der PF-200 nicht gewesen zu sein. Trotz angeschraubtem Hals und hohler Decke findet man bei Harmony-Central ein Overall Rating von 9.4 für die PF-200 und für die PF-300 von 8.8. Interesanterweise erreicht die wesentlich wertigere PF-400 ebenfalls ein Rating von 8.8. Auch in den diversen Sammler-Foren werden der "Performer" durchwegs gute Zensuren erteilt.

Wenn man über die "Performer" urteilt sollte man nicht vergessen, diese Instrumente auch innerhalb ihres Kontextes zu bewerten. Aufgrund des Preises und der Konstruktion war die "Performer" eindeutig nicht angetreten, um eine wirkliche Konkurenz für das Original zu sein. Die Aussage aus dem 78er Katalog, hier im Original, macht das zumindest ganz deutlich:

Zitat:
The new Ibanez Performer Series guitars incorporate the most asked for features in a destinctively original body style at a reasonable cost.

Das man auch anders konnte, hatte Ibanez mit der neuen Artist-Serie bereits deutlich bewiesen. Abgesehen von der Form waren Konstruktion und Materialauswahl mit der einer "Gibson Les Paul" identisch. Aufgrund der damals nur mittelmäßigen Qualität der Gibson-Gitarren und dem günstigen Preis einer "Artist", hatte Gibson tatsächlich allen Grund besorgt zu sein.

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Leserkommentare zu diesem Artikel

Datum Quelle Kritiker

17.01.2008

Musiker-Board

Fender Bender

wirklich ein toller beitrag!

17.01.2008

Guitarworld.de

NSU

Klasse! Vielen Dank für Deine informativen und toll gemachten Artikel über Ibanez-Gitarrenserien. Kommt da noch mehr?

17.01.2008

Guitarworld.de

JerryCan

Auch ich kann mich nur bedanken! Jetzt weiß ich doch ein wenig mehr über meine alte PF300 (BJ 1978) - insbesondere, dass der Spalt zwischen Korpusholz und Decke kein Altersschaden ist.

danke für den schönen artikel! es gibt nämlich gar nicht so viel über diese serie im web.

12.02.2008

Musiker-Board

Jerry

Danke Onkel für diesen informativen Beitrag! Besitze selbst eine PF360, Baujahr April 82, Crafted In Japan, und auch wenn ich über die Jahre immer wieder Angebote erhalten habe so bin ich doch froh, sie heute noch mein Eigen zu nennen.

14.06.2008

Musiker-Board

EvolutionVII

Super Artikel, gefällt mir sehr gut, wie "wissenschaftlich" das ganze beschrieben wird



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